Sonntag, 28. Februar 2016

Selbst wenn

Selbst wenn
ich diesen
Moment in
Streifen risse
und mir ins
Haar wände

selbst wenn
ich deine Küsse
in Seide wickelte
und zwischen
Nerudas Worten
trocknete

selbst wenn ich
die Schmetterlinge
auf Nadeln rahmte
selbst dann währte
dieser Augenblick
nur seine Ewigkeit


©beatrix brockman (2010)

For as long

For as long
as your voice
can hold this

power over me
As long as
the words you

craft can move
my heart
For as long

as I can rest
in the imagined
that will never be

I can believe
in that which
hasn't been



© Beatrix Brockman

wach.nacht

wie rilkes panter
kreist mein geist
hinter diesen stäben
einer wachen nacht
zu müde um die
dunkle tür zu öffnen
doch gierig darauf mit
den zähnen schlafes
fleisch zu reißen

© Beatrix Brockman (2010)

Sincerely, from Tennessee


Wieder Sonntag, wieder
auf der Landstraße zwischen
Nord und Süd, wieder
das Sonnendach offen
Drinnen dröhnt Cohen

diese unerfüllbare Sehnsucht
nach der perfekten Liebe
dem Auf-Händen-Getragen-
Werden in Ohr und Herz
Draußen fliegen links

Nobelvillen mit BMW
Hummer und Mercedes
vorbei, rechts die arm
seligen Hütten mit Rost-
lauben davor. Alle

drei Meilen oder so
eine Kirche, deren
Marquees dazu aufrufen
Gott zu danken und den
Sonn(en)tag als Geschenk

anzunehmen (that's why
it's called the present)
In Nashville erwartet mich
schon der Blimp über
dem Footballstadion und

während ich die Treppen zum
Condo hochgehe, kündet
Kanonendonner vom
Touchdown. Davon
unberührt fließt der

Cumberland weiter an
meinem Balkon vorbei
und ich genieße den
Blick aufs Wasser dank
herbstlich entblätterter Bäume

deren Laubkleid sich nur noch
in Fetzen an die Äste klammert.
Und aus dem Wohnzimmer
dröhnt mir wieder Cohen
diese Sehnsucht nach dem

Unbeschreiblichen ins Herz
bejubelt von tausenden
Footballfans nur fünfhundert
Meter weiter überm Fluss.


© beatrix brockman (2009)

Bitter.Brot



Unser tägliches Brot gib uns heute. 
Und vergib uns unsere Schuld, 
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Doch ich vergeb’
mir nicht
den Mangel
zwischen Werden
und dem Sein. Stet
ist das Streben nach
der Unerreichbaren
nach der Frucht
auf höchstem Ast -
Vollkommenheit.

Im Traum blut
rote Rose erwacht
als graue Distel nur

ess täglich ich
das bittre Brot
gesäuert mit Versagen.
Den andren
wie dem Selbst
halt ich die Wange
hin zu stillen
meinen Durst
nach Blau

Will Brunnen mir
und Himmel sein –
bin doch nur das
was sich in einer
Pfütze spiegelt



© beatrix brockman (2009)

un.sicht.bar

wuchern pfunde un-gefragt
das un-beschwert vernichtend
wird aus dem schön ein un-
sichtbar ein un-geseh'nes
wesen - ach, Portia, lass
doch un-maskiert Shylock
seines amtes walten



©beatrix brockman (2009)

Samstag, 20. Februar 2016

gestohlen geblieben

sie klingen hohl
die worte des lobs
und der anerkennung

obwohl sie von herzen
gesprochen und redlich
verdient, trübt das bitter

nach janusköpfigem verrat
ihre süße schwere und
schwert den leichtfuß

der nun eigentlich befreit
durch flure tanzen sollte.


© beatrix brockman

Freitag, 19. Februar 2016

jeder tag ist uns reisig

die dreißig monats marke
hätte er in beziehungen
nie über winden können
sagte der ledige im fernsehen

alte ehepaare wären doch
nur aneinander erloschen —

dieser meilenstein ist wohl
unbemerkt an uns vorbei
gezogen während lachen
und zärtlichkeiten uns mal

auf großer mal auf kleiner
flamme nährten. auf deinem

grabstein werde ich deinen witz
loben, für den ich dir immer
übersetzer war, und dein
unauslöschliches begehren

jeder tag ist uns reisig — die
liebe unser feuerstein



©beatrix brockman

Samstag, 13. Februar 2016

Hakawati

eigentlich war
es immer als schlüge
sie ein gutes buch auf
als käme sie heim
auf einen hof der ruhe

der ihr das leben
in der fremde versüßte
ihren geist zur ruhe
und zum blühen brachte!
doch abermals

hatte ein federtier am zaun
gescharrt und schon
zum zweiten mal
gekräht — ihr
blieb nur die frage

nach der zahl
der verbleibenden
silberstücke wenn sodann
zum dritten male
das falsetto erklänge

 © beatrix brockman